Ein besonderer Fetisch

Im diesem Aufsatz erkläre ich, wie mein Frauenbild durch die Beziehung zu meiner Mutter geprägt wurde. Dabei geht es um mein Verhältnis zu Frauen im Allgemeinen. Darüber hinaus hat sich bei mir im Laufe der Jahre noch ein spezieller (auch sexueller) Fetisch entwickelt. Er fällt im weitesten Sinne in den BDSM-Bereich, geht aber darüber hinaus und steht in engem Zusammenhang mit der Beziehung zu meiner Mutter.

Das Muster ist immer ähnlich: In Gedanken stelle ich mir eine sympathische, attraktive und aufrichtig liebenswerte Frau vor, die irgendwann (und sei es früher in der Jugend) einen Fehler begangen hat und mit dem Gesetz in Konflikt gekommen ist. Dann stelle ich mir vor, wie diese Frau (z.B. als Diebin) vor Gericht gestellt wird und ihre verdiente Strafe bekommt: Eine Geldstrafe, eine Bewährungsstrafe oder eine Auflage zur gemeinnützigen Arbeit.

Gleichzeitig stelle ich mir vor, wie die Frau ihren Fehler einsieht und Reue empfindet, dass sie ihre Strafe annimmt und daraus lernen will. Das ist ein gedankliches Szenario, dass mich sexuell erregt, teilweise bis zum Orgasmus. Die Faszination ist jedoch nicht ausschließlich sexueller Natur; denn der Gedanke an Frauen, die gegen das Gesetz verstoßen haben und zu Recht bestraft werden, geht über das Sexuelle hinaus und berührt mich tief.

Vorweg möchte ich einschränken, dass dieser Bestrafungsfetisch (so will ich es nennen) auch seine klaren Grenzen hat. Eine Mörderin, die kaltblütig einen Menschen umgebracht hat, hätte mit Sicherheit nichts Sympathische oder Faszinierendes für mich. Kein Verständnis hätte ich auch für Frauen, die ihre Kinder misshandeln oder missbrauchen, sie im schlimmsten Fall sogar töten.

Mich berührt aber der Gedanke an eine Frau, die wegen einer vergleichsweise geringfügigen Straftat (z.B. als Diebin) vor Gericht gestellt wird und dort eine faire und gerechte Strafe bekommt, die weder zu hart noch zu nachsichtig ist, sondern genau auf die Tat und die persönlichen Umstände passt. Eine Strafe, die ihr (im übertragenen Sinn) auch weh tut, die sie aber annimmt, weil sie ihr Verhalten bereut und den festen Willen hat, es nicht wieder zu tun.

Bei diesen Gedankenspielen stelle ich mir vor, dass die Frauen nicht wirklich böse oder unmenschlich sind, sondern im Grunde liebenswerte Persönlichkeiten, die aber (weil Frauen auch nur Menschen sind) vorrübergehend auf Abwege geraten sind und auf angemessene Weise dafür geradestehen müssen. Gerade dieser Gedanke ist es, der mich so fasziniert: Frauen als liebenswerte und warmherzige Persönlichkeiten, in die man sich verlieben und die man aus tiefstem Herzen gernhaben kann, die aber trotzdem ihre Fehler und Schwächen haben, ihre Ecken und Kanten, die auch mal gegen das Gesetz verstoßen und dafür bestraft werden, was sie als Menschen nicht weniger liebenswert macht.

Wenn ich auf der Straße eine attraktive Frau sehe, dann stelle ich mir ebenfalls gerne vor, die vor mir stehende Frau wäre kürzlich zu einer Geld- oder Bewährungsstrafe verurteilt worden, was ihrer Würde als Frau und Mensch aber keinerlei Abbruch tut. Und sei es nur, dass ich mir zusammenfantasiere, die Frau hätte kürzlich einen Bußgeldbescheid für zu schnelles Fahren hat oder einen Strafzettel fürs Falschparken bekommen: Solche Fantasien tun mir gut, sie haben nicht nur etwas Erregendes, sondern sie sind beruhigend und geradezu wohltuend-tröstlich für mich.

Warum sich diese Faszination für (ehemals) delinquente Frauen bei mir entwickelt hat, kann ich natürlich nicht mit letzter Sicherheit beantworten. Wenn ich an meine Kindheit denke, dann hat sich meine Mutter uns Kindern immer als eine geradezu perfekte Mutter dargestellt, die immer herzensgut ist und alles für ihre Kinder tut. Sie durfte nicht kritisiert oder in Frage gestellt werden, wie ich es hier beschreiben habe.

Heute faszinieren mich Frauen, die vom Charakter in gewisser Weise ganz anders sind als meine Mutter. Frauen, die freundlich und liebenswert sind, sensibel und einfühlsam, geradlinig und ehrlich, charmant, warmherzig und weiblich. Frauen, die abertrotzdem nicht perfekt sind, die ihre Fehler haben, ihre Ecken und Kanten, über die man sich ärgern und auf die man auch sauer sein darf.

Frauen, die im Leben Fehler begangen haben, müssen nicht zwangsläufig weniger liebenswert oder weniger weiblich sein, davon bin ich überzeugt. Frauen mit Fehlern und Schwächen wirken auf mich wesentlich authentischer als das „brave Weibchen“ das es allen recht macht und niemals aufmuckt. So ein Frauentyp macht mir eher Angst, denn eine Frau ohne Fehler und Schwächen wäre in letzter Konsequenz kein Mensch mehr, sondern ein engelsgleiches Wesen, das mit mir nicht mehr auf Augenhöhe steht, in dessen Angesicht man sich nur klein und schwach fühlen kann.

Vielleicht ist es diese Sehnsucht nach einem Frauenbild, das so ganz anders ist das unangreifbare Mutterbild, das ich von zu Hause kannte. Nach einer Form von Weiblichkeit, die es zulässt, dass Frauen auch frech, forsch, stark, kämpferisch, dominant, provozierend oder rebellisch sein dürfen; dass sie Grenzen verletzen dürfen und dafür geradestehen müssen. Nach Frauen, die auch ihrer Widersprüche und ihre biographischen Brüche haben. Frauen, die eben nicht perfekt und nicht unangreifbar sind.

In diesem Sinne faszinieren mich auch Frauen, die in ihrem Leben auch mal Mist gebaut haben, die ihre Strafe annehmen und daraus gelernt haben. Frauen, die sich aber auch weiterentwickelt haben, später vielleicht sogar wundervolle Ehefrauen und liebevolle Mütter wurden, denen man ihre (klein-)kriminellen Ausrutscher gar nicht anmerkt. Auch straffällig gewordene Männer können ja ihre weichen und sympathischen Seiten haben, können gute Ehemänner und Väter sein. Warum sollte es bei Frauen anders sein?

Ich kann mir durchaus vorstellen, dass es solche Frauen gibt, die in ihrem Leben einen Fehltritt begangen haben und die Konsequenzen tragen mussten, die aber auch ihre liebenswerten, ihre sensiblen und gefühlvollen Seiten haben, für die man(n) sie lieben und gernhaben kann, und zwar völlig zu Recht und ohne jedes schlechte Gewissen. Das ist für mich eine wirklich berührende und ‒ in einem ganz aufrichtigen Sinn ‒ zu Herzen gehende Vorstellung!

Ich selbst war ja selbst nicht immer brav und tadellos. Heute führe ich ein solides und ehrliches Leben; gelte als nachdenklich, sensibel, höflich und eloquent. Trotzdem bin auch ich schon einmal mit dem Gesetz in Konflikt geraten, als ich in jungen Jahren eine Geldstrafe über 15 Tagessätze wegen Diebstahls bekam. Über diese wenig erfreuliche Episode aus meinem Leben schreibe ich an anderer Stelle: Der Strafbefehl

Mich fasziniert der Gedanke an eine Frau, die eine ähnliche Entwicklung hinter sich hat wie ich: In jungen Jahren übermütig gewesen und Mist gebaut (meinetwegen auch geklaut), dafür eine verdiente Strafe kassiert, daraus gelernt und innerlich nachgereift, später im Erwachsenenalter vollkommen unauffällig. Die Vorstellung berührt mich sehr tief. Sexuell, aber auch weit darüber hinaus. Teilweise so tief, dass mir vor Rührung die Tränen in den Augen stehen, was sonst überhaupt nicht meine Art ist.

Bisher kannte ich nur eine einzige Frau, die mir erzählte, wie sie im frühen Teenageralter geklaut hat und dafür mit der Polizei nach Hause gefahren wurde. Heute macht diese Frau auf mich einen soliden, vernünftigen und bodenständigen Eindruck, ist also nicht dauerhaft in die Kriminalität gerutscht. Allerdings bekam sie damals zu Hause keine Strafe, obwohl sie selbst sagt, eigentlich hätte es eine (pädagogisch sinnvolle) Konsequenz geben müssen. Eine andere, sehr sympathische und liebenswerte Frau erzählte mir, sie musste in der Schule früher einmal nachsitzen, weil sie Mist gebaut hatte ‒ ebenfalls eine berührende und zu Herzen gehende Vorstellung!

Obwohl ich mit 22 Jahren einen klaren Fehler begangen hatte und als Dieb vorbestraft war, gab es in den Jahren danach immer Menschen, die mich deswegen nicht fallen ließen, die mich mit Freundlichkeit und Respekt behandelten und mir Gefühl gaben, dass ich ihnen als Mensch und Freund trotzdem wichtig bin. Sei es nur ein netter Geburtstagsgruß oder dass mir jemand einfühlsam zugehörte, wenn ich von meinen Problemen erzählte: Kleine Gesten wie diese gaben wir das Gefühl, trotz meiner früheren Vorstrafe ein liebenswerter Mensch zu sein.

Das war eine so berührende und unglaubliche schöne Erfahrung (im religiösen Kontext würde man vielleicht von „Gnade“ sprechen), dass ich sie gerne weitergeben möchte an eine Frau, die sich in einer ähnlichen Situation befindet bzw. befand. Sofern eine grundsätzliche Sympathie vorhanden ist, kann ich mir durchaus vorstellen, so eine Frau zum Kaffee einzuladen oder sie einfach nur in den Arm zu nehmen, um ihr zu zeigen, dass sie trotz ihrer Fehltritte ein liebenswerter Mensch ist.

Warum soll nicht auch eine Frau, die einst mit dem Gesetz in Konflikt kam, es nicht dennoch wert sein, dass sie mal von einem Mann mit einem Strauß Blumen überrascht oder von guten Freunden zum Eis eingeladen wird? Ich sehe keinen Grund, der von vornherein dagegenspräche, sofern die einstige Täterin für ihre Taten geradesteht und den ernsthaften Willen hat, in Zukunft nicht wieder straffällig zu werden. Und dass sie keine außergewöhnlich schlimmen Straftaten begangen hat, sondern eher einen einmaligen Ausrutscher.

Ich will meiner Mutter keinen Vorsatz unterstellen, aber heute weiß ich, dass ich ihr niemals genügen konnte. Nicht nur, dass sie selbst die perfekte Mutter sein wollte: Auch ich sollte immer der brave Mustersohn sein – immer lieb und pflegeleicht, immer ihr kleines „Herzilein“, das sie unerbittlich verhätscheln konnte. Das ist auch der Grund, weshalb meiner Mutter bis heute nichts von den Diebstählen weiß, die ich vor über 25 Jahren begangen habe. Ich habe es nie fertiggebracht, mich ihr als Dieb; als Straftäter zu outen, denn ein kleines „Herzilein“, das Bücher klaut und dafür einen Strafbefehl bekommt? ‒ Nein, das ging nicht, das hätte sie niemals verstanden.

Tief im Herzen wollte ich nie die kleine Hätschelpuppe sein, sondern ein Mensch aus Fleisch und Blut, der auch Fehler machen darf und trotzdem geliebt wird. Insofern waren die Diebstähle vielleicht auch eine verspätete Rebellion gegen meine Mutter. Mich berührt der Gedanke an eine liebe und sympathische Frau, die dennoch ihre biographischen Brüche und Widersprüche hat; die ebenfalls nicht immer nur das „Herzilein“ und das „Engelchen“ ist. Eine solche Frau könnte ich viel eher als gleichberechtigtes Gegenüber wahrnehmen, vor dem man sich nicht ständig klein und beschämt fühlen muss; das nicht auf einem moralisch überlegenen Sockel thront, der eine echte Gleichberechtigung unmöglich macht.

Lange Zeit waren solche Träumereien für mich mit Schamgefühlen verbunden, inzwischen kann ich sie guten Gewissens genießen. Ich frage mich sogar, wie es wäre, wenn ich in der Realität mit einer Partnerin zusammen wäre, die straffällig wird. Wahrscheinlich würde ich sehr genau hinsehen, ob sie ihr Verhalten bereut und ob es ihr leidtut. Wenn meine Partnerin ihr Verhalten bereut, eine angemessene Strafe annimmt und glaubhaft erkennen lässt, dass es einmaliger Ausrutscher war, der sich nicht wiederholt, dann würde ich als Mann weiter zu ihr halten und für sie da sein.

Wenn sie traurig ist, weil sie sich z.B. durch eine Geldstrafe in nächster Zeit massiv einschränken muss, würde ich sie in den Arm nehmen und trösten, aber ich würde die Geldstrafe nicht für sie zahlen und ihr auch keinen Zuschuss geben, dafür müsste sie alleine geradestehen. Auf meine menschliche Zuneigung könnte sie sich aber immer verlassen. Ich würde jedoch nicht mit einer Frau zusammen sein wollen, die Straftaten begeht und keinerlei Schuldbewusstsein zeigt, das wäre für mich keine Basis.

Manchmal reizt es mich in Gedanken sogar, mich in der Rolle des Richters zu sehen, der vor der Aufgabe steht, für eine Straftäterin ein angemessenes Urteil zu finden. Kein sadistisches oder erniedrigendes Urteil, sondern eine wirklich faire und gerechte Strafe, die nach bestem Wissen und Gewissen gefällt wird.

Über diese seltsame Vorliebe für (ehemals) delinquente Frauen sprach ich vor einigen Jahren auch mit meinem damaligen Therapeuten. Er stimmte mit mir überein, dass meine Fantasien einen sadistischen Aspekt enthalten, wenn ich mich daran erfreue, wie eine Frau ihre verdiente Strafe bekommt. Er sieht aber auch einen eindeutig fürsorglichen Aspekt in meinen Fantasien, denn: Es ginge mir ja nicht darum, eine Frau zu erniedrigen, sie um jeden Preis leiden zu sehen oder zu beherrschen, sondern darum, ein faires und gerechtes Urteil zu finden.

Das hätte auch viel mit dem Wunsch zu tun, einer Frau Liebe und Fürsorge zu geben ‒ ihr vielleicht auch eine Vaterfigur zu sein, die strafend und disziplinierend, aber auch liebend und gerecht ist; die aus Sorge und Verantwortung straft und nicht, weil sie erniedrigen will. Darin spiegelt sich eigentlich genau das wider, was ich als Kind früher auch gebraucht hätte. Seit jeder habe ich nämlich auch devote Fantasien, in denen ich mir vorstelle, von einer liebevoll-strengen Mutterpersönlichkeit bestraft zu werden. Niemals brutal, sondern immer fürsorglich und zugewandt. Glücklicherweise gibt es eine sehr liebenswerte Dame, mit der ich das bereits ausleben konnte.

Nun war auf einmal auch das Gegenteil da, nämlich fürsorglich-strenge Gefühle gegenüber Frauen. Das irritierte mich, weil ich diese Seite an mir nicht kannte ‒ oder zumindest nie bewusst wahrgenommen hatte. Da ich als Kind oft nur Aufmerksamkeit bekam, wenn ich etwas falsch gemacht hatte und bestraft wurde, sei das ‒laut des Therapeuten ‒auch die Ebene, auf der sich heute mein Wunsch nach Liebe und Fürsorge gegenüber Frauen ausdrückt. Er verstand meine Verunsicherung über den neu entdeckten Aspekt meiner Sexualität, sah es aber als gutes Zeichen, dass ich ihn zulassen kann.

Als Tiefenpsychologe war mein Therapeut außerdem überzeugt, dass sich in meinem Fetisch der Wunsch ausdrückt, meine eigene Mutter stellvertretend zu bestrafen. Dafür, dass sie mich als Kind verhätschelt und klein gehalten hat; mich für vereinnahmt und emotional regelrecht erdrückt hat. Gleichzeitig sah sie meine Probleme und Sorgen nur selten; merkte auch nie, wie traurig und verzweifelt ich über meine Heimunterbringung war, hat mich im Stich gelassen, als ich sie am dringendsten gebraucht hätte.

Bestrafen nicht im juristischen Sinn, aber „bestrafen“ in der Art, dass ich endlich mal wütend auf meine Mutter sein darf, ihr meine ganze Verzweiflung und Enttäuschung förmlich entgegenschreien und entgegenbrüllen darf ‒ in der Hoffnung, dass meine Mutter diese „Strafe“ annimmt und einsieht, was sie mir angetan hat; dass sie Reue zeigt. In meinen Fantasien stecke auch der Wunsch nach abschließender Versöhnung mit meiner Mutter, denn die Frauen, die in meinen Fantasien bestraft werden, werden ja nicht fallengelassen. Sie sollen ihre Schuld anerkennen und sich bessern, dann wird ihnen nichts nachgetragen

Nicht zuletzt sieht mein Therapeut einen identifikatorischen Aspekt: Wenn ich mir eine Frau wünsche, die selbst vorbestraft war, dann sehne ich mich nach jemandem, der mich in meiner Vergangenheit versteht ‒ im Gegensatz zu meiner Mutter, bei der ich mich ‒ aus Angst vor Ablehnung ‒ bis heute nicht traue, über meine Verfehlungen der Vergangenheit zu reden. Er sieht den starken Wunsch nach einer Partnerin, die meine eigene Geschichte ein Stück weit teilt, nach gegenseitigem Verständnis und Verbundenheit.

Von einem ehrenamtlichen Engagement in der Straffälligenhilfe (das wurde mir in einem Internetforum vorgeschlagen) riet mein Therapeut mir ab. Zum einen hält er nichts davon, ein verantwortungsvolles Ehrenamt zu übernehmen, um damit einen persönlichen Fetisch zu befriedigen. Zum anderen säßen in Gefängnissen viele Wiederholungstäterinnen, die nicht die Einsicht und Selbstreflexion hätten, die ich von ihnen erwarte. Oder richtig schwerkriminelle Frauen mit massiven psychischen Problemen, die mir ebenfalls nicht die gegenseitige Fürsorge geben könnten, nach der ich mich sehne.

Ich fragte meinen Therapeuten, ob es auch Frauen gibt, die eine ähnliche Entwicklung durchgemacht haben wie ich: Im Grundcharakter lieb und auch intelligent, aber irgendwann mal (z.B. aus jugendlichem Übermut oder in einer Lebenskrise) straffällig geworden im kleinkriminellen Bereich (z.B. als Diebin), nach einem strafrechtlichen Warnschuss aber noch rechtzeitig zur Einsicht gekommen und Reue empfindend. Eine Frau, in der ich mich mit meiner eigenen Vergangenheit ein Stück wiederkennen kann und mich verstanden fühle.

Selbstverständlich gäbe es solche Frauen, so mein Therapeut, und es spräche nichts dagegen, sich mit ihnen auszutauschen. Diesen Täterinnentyp würde ich aber nicht über die Straffälligenhilfe finden, da (kleinkriminelle) Ersttäterinnen nicht ins Gefängnis müssen, sondern ‒ genau wie ich ‒ eine Geldstrafe bekommen, im Wiederholungsfall zunächst eine Bewährungsstrafe.

Auf der einen Seite war ich erleichtert, dass mein damaliger Therapeut die Faszination für einstmals gesetzesbrecherische Frauen nicht als grundsätzlich „krank“ ansah und darin sogar fürsorgliche Aspekte erkannte. Ich sollte das als Weiterentwicklung betrachten, vor der ich keine Angst haben müsse, sondern es als Chance sehen, mit meinen dominanten Anteilen ins Reine zu kommen. Sie wurden früher von der unsicheren und passiven Opferseite überdeckt. Irgendwann nahmen sich meine Opferanteile zurück und es entstand Raum für etwas Neues. Das werte ich auf jeden Fall als Fortschritt.

Mein besonderer Fetisch ‒ so interpretiere ich es jetzt ‒ stellt psychologisch nicht nur eine Verarbeitung meines Muttertraumas dar, sondern auch eine vorsichtige Loslösung von der reinen Opferrolle. Sie ist so etwas wie die ins Außen projizierte Umkehrung meines Straftraumas. Bei allen rationalen Erklärungsversuchen möchte ich meine Fetischgefühle trotzdem genießen und das Beste daraus machen. Wer weiß:

  • Vielleicht finden sich ja wirklich ein paar nette Damen, die diesen Fetisch interessant finden und – in einem reizvollen Rollenspiel ‒ gerne mal die kleinkriminelle Diebin oder Betrügerin spielen möchten, die vom Gericht ihre verdiente Strafe bekommt, die die reumütig entgegennimmt.
  • Oder ich lerne irgendwann eine sympathische Frau kennen, mit der man sich in respektvoller Atmosphäre (bei einem Glas Wein oder so) über das Thema Vorstrafen austauschen kann, welchen Weg man hinter sich hat und was einem dabei geholfen hat, nicht wieder straffällig zu werden.
  • Vielleicht lerne ich auch eine Dame kennen, mit der man sich bei Kaffee und Kuchen genüsslich über Kinderstreiche und Jugendsünden austauschen kann, die man einst als Mädchen bzw. Junge ausgeheckt hat; über Streiche, für die man zu Recht mal eine Strafarbeit oder ein paar Tage Hausarrest bekam, über die man aber heute als gestandene Frau / als gestandener Mann gemeinsam lachen kann.

Das sind bis jetzt nichts als gedankliche Schwärmereien, die sich vielleicht nie verwirklichen lassen. Das müssen sie auch nicht zwangsläufig, denn auch ein gedankliches Schwärmen kann schön und bereichernd sein. Erträumen darf man sich bekanntlich alles, das schadet niemandem, macht unglaublich viel Spaß und kann sogar etwas Heilsames und Befreiendes haben.